Thursday 28 October 2010

Bad Hausen alias Mein Heim

28. Oktober

Da ich gerade wegen Krankheit zuhause bin konnte ich mich mal etwas genauer mit unserem Heim auseinandersetzen. Am Abend, wenn mindestens 8 andere Menschen hier sind hat man nicht so recht die Ruhe und Lust dazu. Aber heute ist es endlich soweit, ich stelle euch mein Heim in der Lynton Road 4, von den Heimbewohnern auch gerne mal Linden Road … äh Straße natürlich genannt.
Oh, an dieser Stelle vielleicht gleich mal meine Adresse, falls irgendjemand den Wunsch hat mich postalisch zu beglücken:

4 Lynton Rd.
Observatory
7925
Cape Town

South Africa

Aber zurück zu unserem Haus. Es wurde von SAGE Net, meiner Entsendeorganisation komplett gemietet und es ist zwar angedacht, dass alle 11 Freiwilligen in dem Haus residieren, aber 4 sind oder wollen demnächst schon ausziehen. Ich will bleiben, denn je länger wir hier sind umso mehr von den kleinen Wehwehchen haben wir repariert und mache es uns zu eigen. Ja, Wehwehchen hat das Haus weiß Gott genug, aber davon mehr, wenn wir gleich unsere guided tour starten.

Beginne wir mit dem Gang... einem laaangen Gang mit Licht am Ende. Im Gang sind schöne Holzplanken von denen ein paar locker sind, was es unmöglich macht sich geräuschlos durch ihn zu bewegen. Erinnert ja fast an den Nachtigalboden im Palast in Kyoto. Mir jedenfalls raubt es nicht mehr den Schlaf, wenn jemand des Nachts durch den endlosen Gang rumgeistert. Man beachte auch unser Festnetztelefon links an der Wand. Es erinnert nicht nur daran, es war auch mal ein ganz normales Telefonzellentelefon, weshalb man nur 10 Minuten telefonieren kann, dann muss man neu anrufen. Diejenigen die hier schon angerufen haben, wissen Bescheid.
Und wo wir schon beim Telefon sind, hier auch gleich mal meine Telefonnummer unter der ich mich Abends eigentlich immer erreicht:

+27 21 448 2747
Mit einer Billigvorwahl die ihr im Internet googlen könnt ist es auch gar nicht teuer. 2 cent die Minute oder so. Aber weiter mit der Führung.


Licht am Ende des Tunnels, aeh Gangs

Unser Wohnzimmer wird derzeit so gut wie gar nicht genutzt. Wir sitzen meist zusammen in der Küche oder draußen. Da es der einzige gemeinsame Raum mit einem Kamin ist, werden wir denke ich aber im Winter öfter hier sind. Denn eigentlich ist es ein schöner Raum, auch wenn er ein bisschen müffelt. Was solls, ein paar Räucherstäbchen werden dem schon ein Ende bereiten. Und den Couchtisch werde ich im Winter bestimmt zu einem japanischen Kotatsu umfunktionieren.

Wohnzimmer
Weiter geht’s mit der Küche, dem Herzstück unserer WG. Sie ist sehr schön groß und war schon recht ordentlich bestückt mit Kühlschrank, Mikrowelle, Toaster, Wasserkocher und Koch- und Essgeschirr. Wir entwickeln langsam ein ausgeklügeltes System wo wir unsere Sachen verstauen und noch wichtiger, wie wir den Kühlschrank einräumen, damit auch alles reinpasst. Ich sags euch, so viele Menschen vertilgen einen ganzen Haufen Zeug in der Woche. Aber wir nähern uns der optimalen Kühlschrankeinrichtung, auch wenn uns das Haus immer wieder Steine in den Weg legt. Im Fall des Kühlschranks ist es ein gebrochenes Einlagebrett, das jetzt auf eine Ketchupflasche gestützt seine Arbeit verrichtet. Aber Ketchup ist seitdem tabu. Naja, die Barbecue-Sauce schmeckt eh viel besser. ;)

Der wichtigste Raum des Hauses: die Kueche
Der Herd verdient ein eigenes Bild, den dieses kleine Schmuckstück ist eine Neuanschaffung die wahrscheinlich unsere Kaution schon aufgebraucht hat. Wir hatten vorher einen Herd auf dem nur zwei von vier Platten gingen. Als dann auch noch der Ofen verreckt ist hat die Vermieterin einen neuen Herd gekauft, der aber auch so einige Macken hat, die mich schmunzeln lassen. So hat er z.B. aus irgendeinem Grund nur drei Herdplatten, zwei kleine und eine Große, wenn man aber die große Platte benutzen will funktioniert der Ofen nicht und umgekehrt. Man muss sich also entscheiden ob Ofen oder Platte, beides geht nicht. Das verlangt schon einiges ab, wenn man für viele Leute kochen will und nur so kleine Funseln zum Kochen hat. Mal ganz abgesehen davon sind die meisten unserer Töpfe aus verbeultem Alu das wenn überhaupt auf vielleicht 3cm² auf der Herdplatte aufliegt. Alutöpfe sind das letzte, wenn man schnell Hunger hat. ^.^'

Unser Miniherd
Weiter geht’s mit dem Bad, oder sagen wir einem von beiden.
Die Toilette war irgendwie undicht, sodass sich im laufe des Tages immer ein kleines Rinnsal seinen Weg zur Tür gebahnt hat. Ich hab jetzt mal versucht das ganze mit Prestik abzudichten und seit zwei Tagen keine Spur vom stinkenden Rinnsal. Was ein Glück. Ich sag ja, wir arrangieren uns langsam mit dem Haus, das jeden Tag neue Herausforderungen aufwirft. Man darf eben nicht dumm sein.
Um die Reinigung müssen wir uns Gott lob nicht kümmern, da einmal die Woche eine Putzfrau kommt. Das ist wiiiirklich angenehm, auch wenn sie nicht jede Woche gleich gründlich sauber macht. Hat eben auch mal schlechte Tage die Gute.


Unser Bad, ein Traum in (dreckigem) Weiss
Naechste Station ist unsere Innenhof der wirklich traumhaft windstill ist. Die anderen sitzen sehr oft draußen um zu rauchen, weshalb der Boden schonmal an einen Aschenbecher erinnert, aber ansonsten find ichs sehr schön gemütlich unter unserer grandiosen Kletterpflanze mit den rosa Blüten. Oh und darf ich an dieser Stelle mal auf den grandios blauen Himmel aufmerksam machen? Irgendwie sehen die Farben hier anders aus als zuhause, intensiver.

Traumhafte Farben im Hinterhof
Diese kargen Gestalten gehören zum Haus und auch wenn es mich in den Fingern juckt die mal kräftig zuzuschneiden, damit sie wieder eine schöne Form bekommen, darf ich das nicht. Am Garten darf nichts verändert werden und der Gummibaum und der gackelige Weihnachtsstern gehören dazu. Naja, vielleicht werden sie ja noch ein wenig buschiger wenn der Sommer kommt. 
Traurig, oder?
Hier nochmal der Blick in die andere Richtung des Innenhofes mit Grill ganz hinten rechts und einem kleinen Häuschen für unsere Waschmaschine, die jetzt auch wieder wäscht. Ja, als ich ankam war das noch nicht der Fall. Sie hat weder Waschpulver aufgenommen, noch sauber gewaschen, sondern lediglich den Dreck auf heller Wäsche gleichmäßig verteilt und auf dunkler dutzende weiße Fussel hinterlassen. Jetzt, nach einer Reparatur, die wahrscheinlich wieder von unserer Kaution bezahlt wurde, wäscht sie eigentlich wieder ganz anständig. Das Wellblech aus dem ihre Hütte gebaut ist, dient der Waschmaschine als 1A Resonanzkörper durch den sie lautstark auf sich aufmerksam macht. Ich erinnere mich an diese dämliche TV-Werbung in Deutschland „Meine Waschmaschine macht so komische Geräusche und das schon nach 2 Jahren!“ Ha, das ich nicht lache! Wenn die Frau mal komische Geräusche hören will, soll sie mal vorbeikommen! Unsere war mal mal ein Rockstar oder sowas, du hörst sie nicht nur, du spürst richtig die Vibration, wenn sie loslegt. Geräusche, tss...
Man beachte auch die Knastitür links. Die sind hier vor jeder Außentür und auch vor jedem Fenster.

Gemuetlicher als es aussieht
Joh, bleibt nur noch der schmale Fleck an der Seite des Hauses wo wir unsere Wäsche aufhängen. Wenig spektakulär.

Haesslich aber funktional. Im Windkanal wird alles trocken.
Vielleicht noch zwei Worte zu unseren kleinen Freunden den Kakerlaken. Obwohl jemand vom Gesundheitsministerium hier war um zu spritzen hat es den Kakerlaken natürlich nicht den gar ausgemacht. Wir finden immer noch ab und an welche. Ich hab sogar schon 2 tote in meinem Zimmer gefunden. Alle Versuche meinerseits soetwas wie Klebefallen oder Gelköder gegen die Kakerlaken zu finden war bislang erfolglos. Dafür gibt es 20 verschiedene Arten von Spray die den Tierchen der gar aus machen. Aber wer will sich schon Nachts auf die Lauer legen in jedem der vorbeirasenden Viecher die Chemiekeule geben. Ja, rasen trifft es, denn alle von euch, die noch keine Erfahrung mit Kakerlaken gesammelt haben sei gesagt, dass diese Viecher nicht nur einen Atomangriff überleben, sondern auch mit bis zu 6km/h zu den schnellsten Insekten der Welt gehören. Ja und jetzt versucht die mal mit ner Spraydose zu treffen, wenn die loslegen.
Ich bin immer noch etwas ratlos, was man gegen sie machen kann. Der Gedanke dass sie in meinem Schlafzimmer rumturnen, wenn ich schlafe behagt mir nicht, also halte ich weiter Ausschau nach einer Falle oder Giftköder. 


Toter "Freund"
Noch ein kleines Detail an der Hausfasade:
Dies ist kein Gurkenglas das wir zu Dekozwecken aufgehängt haben, es ist die Außenbeleuchtung in der sich schon so ein kleiner See aus Kondenswasser gebildet hat. Durch unsere tolle, supersichere Strominstallation an der Hauswand wächst schon das erste Gras.

Ein Hauch von Bauhaus
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, aber diese Bild sollte vielleicht doch noch ein wenig erklärt werden. Das Helle unter unserer Haustür ist Licht, will heißen der Spalt unter unserer Einbruchsicheren Tür ist so breit, dass man eine Wochenendzeitung durchstecken kann. Ihr erinnert euch an den laangen Gang mit dem hellen Licht am Ende? Da ist auch so ein Spalt und wenns der Wind mal wieder ganz gut meint dient der Gang als Windkanal und es pfeift nur so durchs Haus. Ist manchmal ganz schön frisch, wenn man da im Gang steht und telefoniert. Jetzt haben wir ja Frühling und es geht einigermaßen von den Temperaturen her, aber im Winter wird es richtig Schattig mit den Windspalten, die im übrigen natürlich jede Tür hat. Deshalb halte ich die Idee mit dem Kotatsu gar nicht für schlecht. Besser als sich alle Nase lang zu erkälten, so wie ich ja die Tage.

Wir sind hier fuer vieles offen, vor allem fuer Wind
Vielleicht noch eine Anekdote zu meinen Krankheitstagen:
Mein ganzer Kopf stand unter Druck vor lauter Schleim der sich in allen Winkeln festgesetzt hat. Mama würde natürlich sagen da muss ein Schleimlöser her! Tja, an den hab ich aber gar nicht gedacht mitzunehmen. Kristin hatte noch eine Tablette ACC Akut 600 dabei, die ich dankbar eingenommen hab, aber mit einer kommt man ja nicht weit, also bin ich zur Apotheke gestiefelt um neue zu kaufen. Aber was heißt „Schleimlöser“ auf Englisch?...Aus dem Internet wusste ich welchen Wirkstoff ich brauchte und die drei lustlosen Damen in der Apotheke haben dann tatsächlich ein Medikament mit Namen ACC 200 hervorgeholt. 25 Tabletten hatten aber den stolzen Preis von 82Rand und das bei der geringen Dosierung, weshalb ich mich dann für die billigere flüssige Variante entschieden hab. Aber oh Graus, das Gebräu riecht und schmeckt original so, wie das eklige Zeug aus meiner Kindheit von dem ich immer Brechreiz bekam. Mama weiß vielleicht noch, was ich meine. Vielleicht isses das gleiche. Aber ich schluck es jetzt tapfer zusammen mit dem chlorigen Wasser. Hilft ja nix. Wenigstens löst sich der Schleim jetzt tatsächlich und dann kann ich endlich wieder in die Arbeit gehen, wo gestern wie ich von Nadine gehört habe die beiden Autobatterien geklaut wurden. Sachen gibt’s!

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